Dietmar Sauer Architects (Hrsg.)
Kirchen revitalisieren. Orte prägen.
edition winterwork 2019
345 S., farbige Abbildungen, 69, 90 EUR
ISBN 978-3-96014-558-5
Das vorgelegte Das Buch ist ein Mutmacher geworden; ein Mutmacher für all diejenigen, die gerade in Strukturdebatten festhängen, vor Bauaufgaben kapitulieren oder um die Zukunft ihrer Dorfkirche bangen. Manche Kirchgemeinde macht sich jedoch auf den Weg und wagt Zukunft. Das ist ein starkes Signal nach Innen und nach Außen. Dabei geht es keineswegs nur um das Bauen im Sinne von Schadensbehebung. Es geht um die umfassende Revitalisierung von Kirchenräumen und um die Freilegung der geistlichen Kraft des Ortes mit der Schaffung zeitgenössischer Zugänge.
Die Köthener Architekten der Gruppe um Dietmar Sauer legen eine eindrucksvolle Bilanz ihres Schaffens für das sakrale Kulturerbe in Sachsen-Anhalt vor. In 25 Reportagen aus den Jahren 1992 bis 2018 werden Kirchbauprojekte vorgestellt. Darunter sind solche für Dome und Stadtkirchen, für kleine und kleinste Dorfkirchen. Das Domstift zu Stendal, die Köthener Stadtkirche St. Jakob, die Dorfkirchen von Zehringen, Reppichau, Neeken, Horburg, Großbadegast, Zehbitz oder Mühlstedt gehören dazu.
Die Lektüre macht eines deutlich. Kirchgemeinden brauchen für eine
gelingende Revitalisierung ihrer Kirche zuallererst eine strategisch
ausgerichtete Vergewisserung darüber wer sie sind, woher sie kommen und wohin
sie gehen wollen. Wenn das gelingt, entstehen im Dialog mit den Architekten
wegweisende Lösungen. Die reichen von der liturgischen Neuordnung des Raumes,
über Nutzungserweiterungen bis zum Einbau von Teeküche, Sanitärraum und
Winterkirche. Sie beinhalten funktionale und technische Komplettierungen,
spezielle bauliche Lösungen und die Umsetzung der denkmalpflegerischen
Aufgabenstellung. Gleichrangig werden das Farb- und Lichtkonzept sowie neue künstlerische
Akzentuierungen behandelt. Schließlich gehören Fragen der Prozesssteuerung
sowie der Kosten- und Finanzierungsplan dazu. Einige der Projekte beinhalten
auch Freiraumgestaltungen, darunter die gelungene Sanierung des historischen
Kirchhofes von Baasdorf.
Für die fünfundzwanzig Kirchen sind die Projekt- und Prozessverläufe
anschaulich beschrieben und ausgezeichnet illustriert. Dabei fehlen nicht die
Vorher-Nachher-Fotos. Es folgen Detailaufnahmen, Aufnahmen von Arbeitssituationen,
Visualisierungen, technische Dokumentationen, Entwurfszeichnungen und Pläne und
schließlich die faszinierenden Großaufnahmen der fertiggestellten Kirchen.
Manche Kirche war vorher eine Ruine gewesen. Nun erstrahlt sie in bestechender
Farbigkeit. Faszinierende Deckengestaltungen, beeindruckende Altar- und
Chorwände, formschöne Patrozinien, zeitgenössische Glasfenster von Thomas Kuzio
über Jochem Poensgen bis Tony Cragg sind zu sehen. Kein Betrachter und Besucher
wird sich der neuen spirituellen Kraft entziehen können.
Das Buch besticht nicht zuletzt mit seinen Aufnahmen. Es macht Lust für
das sakrale Kulturerbe aktiv zu werden. Für viele Leser wird es ein
Reiseverführer zu den hoffentlich Offenen Kirchen sein.
Petra Karrasch, Mai 2019