Lokaltermin in Horburg-Maßlau

Lokaltermin beim Freundeskreis Horburger Madonna e. V., 8. Oktober 2016

Die Horburger Dorfkirche beherbergt ein Werk des Naumburger Meisters. Als Weinende Madonna brachte die Horburger Madonna um 1250 eine namhafte Wallfahrt unweit von Merseburg in Gang. Deren Blütezeit endete samt Tränenwunder mit dem Einzug der Reformation. Allmählich verlor die einstige Bischofskirche ihre reiche Ausstattung. Um 1700 verschwand die lebensgroße Skulptur spurlos. Bei Bauarbeiten wurde sie 1930, zerschlagen und eingemauert im Altartisch, wiederentdeckt. Die heute umstrittene Kirchengestaltung erfolgte im Stil der 1930er Jahre. Auf dem Dachboden wurden damals auch ein Kruzifix, eine Madonnenfigur und zwei Figuren einer Krönungsgruppe aus gotischer Zeit wiederentdeckt. Bewahrt blieben eine Glocke und der Taufstein aus dieser Epoche. Bemerkenswert sind das Kielbogenportal, das romanische Kreuzgewölbe in der Turmkapelle und das Tabernakel. Altaraufsatz und Kanzel stammen aus der Barockzeit.

Im Jahr 2011, als die Horburger Madonna anlässlich der Landesausstellung zum Naumburger Meister im Dom zu Naumburg präsentiert wurde, kam etwas ins Rollen. Kunst– und Geschichtsinteressierte aus Horburg und Leipzig wollten das Werk aus seinem Schattendasein und dem Vergessen hervor holen. Sie wollten sich für die Restaurierung, Bewahrung und Bekanntmachung des sakralen Kunstwerks von europäischem Rang engagieren. Sie wollten Gelder dafür einwerben und die Dorfkirche am Pilgerweg zu einem offenen und lebendigen Ort für Gebet, Kultur, Musik und Bildung machen. Wie sollte das gehen, ohne Mitglied der Kirchgemeinde zu sein? Der Zufall führte zum VDKSA und der gab sofort jegliche Unterstützung.

2014 waren alle Bedenken gegenüber diesem „unbekannten“ Engagement auf Kirchenseite ausgeräumt. Der Freundeskreis Horburger Madonna formierte sich. Seit 2015 ist er ein unabhängiger und weltanschaulich neutraler Förderverein, der Hand in Hand mit der lokalen Kirchgemeinde zusammenarbeitet. Seit Jahren praktizieren man mit besten Erfahrungen die Offene Kirche. Die vielen eintragungen im ausliegenden Pilgerbuch danken es. Historische Forschungen, regelmäßige Kirchenführungen, Kultur- und Bildungsarbeit und Öffentlichkeitsarbeit werden groß geschrieben. So haben  auch Ministerpräsident Dr. R. Haseloff und Landeskonservator Prof. Dr. Meller bereits den Weg nach Horburg gefunden.

Wiederum waren es Zufälle, die die Grundlage für eine ausgeprägte Arbeit für und mit Kindern und Familien begründete. Folgerichtig ist die Mehrheit der Vereinsmitglieder zwischen 30 und 40 Jahren.

Der Verein pflegt eine enge Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Lesen, mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, mit der Hochschule Merseburg und der Kirchenmusikhochschule in Halle. Die Renner bei den Kindern sind die jährlichen Mitmachkonzerte, die  sommerlichen Denkmalswerkstätten und die Lesenächte mit Kirchenschlaf. In Zukunft wird es in Horburg immer öfter heißen: “ Kleine Klavierspieler an die Orgel!“.

Die großen Herausforderungen kommen noch. Die Programme und Angebote des Freundeskreises ziehen jeweils bis zu hundert und mehr Gäste aus dem Großraum Halle, Merseburg und Leipzig an. Die weit weniger als 100 Mitglieder zählende Kirchgemeinde vor Ort hat aber längst das Pfarrhaus veräußert. Daher braucht es eine Infrastruktur mit Teeküche, Toilette und Stauraum in der Kirche.

Ein Architekturbüro hat der Kirchgemeinde eine weitreichende Planung für die Neugestaltung des Kirchenraumes vorgelegt. Die Horburger Madonna erhält einen neuen Aufstellungsort. Der international renommierte Glaskünstler Jochem Poensgen hat erste Fenster für die Horburger Pilgerkirche geschaffen. Horburg wird sich mit seinen Fenstern einreihen in den mitteldeutschen Entdeckungspfad für zeitgenössischen sakrale Glaskunst. Alle Weichen sind nun auf das Einwerben von Geldern gestellt. Der Freundeskreis wird dabei Unterstützung leisten. Das Finanzvolumen des Vorhabens ist beachtlich. Die Risiken, Verpflichtungen und Verantwortung sind hoch. Um so mehr beunruhigt, dass das Ringen um zielorientierte und effiziente Kommunikation, Spezialisierung und Arbeitsteilung zwischen Kirchgemeinde und Förderkreis bisher nicht voran kommt.

Und sonst? In der kleinen Ortschaft wird der junge Verein als Wettbewerber um knappe Fördermittel angesehen. Auch nach Jahren will im Ortschaftsrat noch niemand so richtig verstehen, warum die Bewahrung des kirchlichen Kulturerbes Aufgabe der Zivilgesellschaft sein soll. Daran muss gearbeitet werden!