Lokaltermin in Gütz

Lokaltermin beim Förderverein Gützer Kirche e.V .,  Juli 2017

Beim Betreten des Kirchhofs ist das Erstaunen groß. So weiträumig und gepflegt sind gewöhnlich Schlossparks. Ins Auge fallen Heckentheater, Bienenhotel, Kräuterlabyrinth, einladende Bänke unter uralten Bäumen…          Die Kirche in der Mitte des Areals ist tadellos restauriert. Dabei fing mit dem Friedhof alles an.

Bereits in den 1950er Jahren erlosch das kirchliche Leben in Gütz. In den 70er Jahren wurde sie gemeinsam mit dem Friedhof von der Landeskirche aufgegeben. Das Bauwerk verfiel. Der Friedhof in der Dorfmitte verwilderte. Nach der Wende wollten etliche Gützer Bürger das verwahrloste Areal nicht länger hinnehmen. Die Gräber der Vorfahren sollten in einen würdigen Zustand gebracht werden. Und allmählich entstand die Idee mit einem Förderverein(Gründung 1997)die Kirchenruine wieder aufzubauen, mit allen Rechten und Pflichten beim Förderverein.

Das engagierte Team hat seit 1997 Millionen für seine Kirche bewegt. Daran haben die bekannten Stiftungen, haben Unternehmen, Banken, Privatpersonen und Institutionen mitgewirkt.

Zu den Erfolgsgeheimnissen gehört sicher, dass die Aktiven aus ihren beruflichen Standorten und Positionen heraus Know how im Steuern großer Projekte besaßen und besitzen. Sie konnten und können die sprichwörtlichen Türen öffnen. Es gehört aber auch eine radikale Schwerpunktsetzung im persönlichen und familiären Leben dazu. „Unter zwei  bis drei Stunden Schreibtischarbeit pro Tag kann das Projekt nicht gelingen“ sagt der Vorsitzende. Jeden Tag sind Aktive in der Kirche und auf dem Friedhof, um dort praktische Arbeit zu verrichten, die OffeneKirche abzusichern und Besucher willkommen zu heißen. Da die Verantwortung allein beim Förderverein lag und liegt, konnte es auch keine Komplikationen und Redundanzen in der Abstimmung zwischen Kirchgemeinde und Förderverein geben. Zur Landsberger Kirchgemeinde bestehen gute Kontakte.

Die Gützer Kirche am Lutherweg ist seit den 1970er Jahren keine geweihte Kirche mehr. Die Gützer haben das Lutherwegsfest erfunden, das jetzt so viele nachahmen. Die kulturellen Angebote erreichen Besucher aus einer weitgefasten Region. Der Kirchenaufbau hat aber auch den sakralen Raum wieder vollständig hergestellt und erfahrbar gemacht.

Die ältesten Spuren der Kirche St. Anna und St. Katharina reichen in das 12. Jahrhundert. Zeugnis gibt das romanische Tympanon, das nächste große Restaurierungsvorhaben des Fördervereins mit Neugestaltug des Eingangsbereichs. Der Barockzeit sind Kanzelaltar, Patronatsloge, Gestühl, Emporen und Taufstein zuzurechnen. Letztmalig hat die Gründerzeit ihre Spuren in der Gestaltung des Innenraums hinterlassen. Die Schablonenmalerei auf der Tonnendecke ist vorbildlich restauriert worden. In den Jahren des Verfalls sind viele Ausstattungsobjekte verloren gegangen. Nicht alle sind unwiederbringlich verloren. Schon ein paar mal ereignete sich das Wunder, dass als vermisst gemeldete Objekte „über Nacht“ anonym vor der Kirchentür abgelegt worden sind.

Einen Fingerabdruck unserer Zeit hat die Gützer Kirche 2013 erhalten. Markus Lüpertz schuf vier Fenster für die Kirche. Zwei davon tragen den Titel: Wegschauer und Wiederaufbauer. Wir verstehen das ganz programmatisch für das Engagement des Gützer Vereins und für alle Fördervereine, die sich  in unserer Zeit für das sakrale Kulturerbe stark machen.

Wir haben aber auch ein Warnsignal vernommen. In Gütz gab es einen juristisch sehr komplizierten Versicherungsfall mit langem Klageweg aus einem kleinen Arbeitsunfall hervorgegangen. Das Wirken der Fördervereine an der Schnittstelle von Ehrenamt und definierten Zuständigkeiten, von kirchlichem Recht und „weltlichem Recht“ kann ernste Folgen haben. Diesen Fragen sollte sich der VDKSA einmal in einer Fachtagung annehmen.

Zum Abschluss erlebten wir ein mitreißendes Klezmer-Konzert.

Lutherweg